Neues Bordnetz

Kamera überwacht die Sitzposition

Die Position des Insassen im Auto zu bestimmen, ist nicht ganz leicht. Nichtsdestotrotz muss sie genau erfasst werden, denn im Ernstfall muss die Sensorik die Schutzsysteme punktgenau aktivieren. Zur Überwachung der Insassen-Sitzposition gelten die Radar- und Infrarottechnik als sehr vielversprechend. Beide Techniken sollen eine optimale Steuerung der Airbagentfaltung gewährleisten. Die Infrarotüberwachung nutzt die Temperatur oder das Licht, um Personen oder Gegenstände zu erfassen. Die Radarüberwachung beruht auf Ultraschall, um den Abstand und die Informationen über die Bewegung zu erhalten. Eine entsprechend abgestimmte Sensorik muss erkennen: Sitz belegt von einer Person (Automatic Occupant Sensing, AOS), Insasse ist Out-of-Position, OOP, eine Vorverlagerung bei starkem Bremsen oder bei eingebautem Kindersitz (Child Seat Detection, CSD).
Kameratechnik unterstützt Überwachung
Siemens arbeitet derzeit an einer Technik auf Basis einer SD-Kamera, die mit der Bildverarbeitung ein Sitzbild des Fahrzeuginneren liefert. Das System ist weltweit einmalig. Dirk Zittlau, Projektleiter bei Siemens, stellt das Verfahren vor: "Unter den verschiedenen Sensoransätzen sind die optischen Systeme am besten geeignet." Derzeit hochaktuell seien die digitalen Kamerachips CMOS (Complementary Metal Oxide Semiconductor) oder CCD (Charge Coupled Device), die momentan sehr preiswert zu haben sind.
Bekannte CMOS-Technik - die Lösung?
Die Marktforscher rechnen für CMOS-Systeme mit einem überdurchschnittlichen Wachstum von jährlich 22 Prozent. Für 1998 wird der Markt für Bildsensoren auf 800 Mio. Dollar geschätzt und für 2003 erwarten die Analysten einen Umsatz von mehr als 2 Mrd. Dollar. Zur direkten Entfernungsbestimmung nutzen die Techniker einen speziellen CMOS-Bildsensor. Sie messen die Laufzeit des Lichtes mit Hilfe eines ultraschnellen Shutters und bestimmen so die Entfernung. Dabei werden ultrakurze Lichtimpulse im Nanosekundenbereich gesendet und vom Bildsensor in einem bestimmten Zeitfenster zum Teil wieder aufgefangen.
Es trifft also nur ein entfernungsabhängiger Teil des Lichtes auf den Bildsensor. Je nach Intensität lässt sich dadurch die Entfernung zum Insassen bestimmen. Eine zweite Messung legt die Reflektivität der Oberfläche fest, eine dritte das Hintergrundlicht. Aus diesen Ergebnissen kann man die Entfernung genau bestimmen. Dirk Zittlau: "Da der Messbereich zwischen fünf Zentimetern und vier Metern liegt, ist dieses Verfahren für den Einsatz in allen Fahrzeugmodellen geeignet. Selbst bewegte Objekte können erfasst werden."
Auswertung in vielen Schritten
Die Auswertung der Bilddaten vollzieht sich in zwei Schritten: Suchen von Charakteristika und Bestimmen der Klassifikation. Beide Schritte hängen eng zusammen. Die besonderen Kennzeichen, die aus den Bilddaten ermittelt werden, müssen so gewählt werden, dass daraus möglichst eindeutige Cluster (Eigenschaftsräume) zuzuordnen sind. Je nach Klassifikation entscheidet sich die Reaktion des Airbagsystems: keine Auslösung, reduzierte oder volle Auslösung. Diese Klassen sind abhängig von erkennbaren Kategorien, wie (erwachsene) Person, Kindersitz, Gegenstand, leerer Sitz oder Sitzposition.
Verschiedene Cluster gefragt
Die Eigenschaften müssen so gewählt werden, dass sie den Klassen gut zugeordnet werden können. Geeignet sind zum Beispiel: Volumen, Volumenverteilung, Oberflächentextur oder Wölbung der Oberfläche. Die Forscher von Siemens haben gute Erfahrungen mit Fuzzy-Cluster-Algorithmen gemacht, aus deren Eigenschaften die gesuchten Klassen zu ermitteln sind. Dirk Zittlau: "Problematisch ist die Vielzahl der möglichen Situationen, denn auch unbekannte Positionen müssen einer eigenen Klasse zugeordnet werden, da ansonsten das System falsch reagiert." Ein vorhandener Passagier muss, wenn er richtig sitzt, immer geschützt werden, es darf keine Fehlreaktion zugelassen werden.
2002 soll OOP-Überwachung in Serie gehen
Die Methoden zur Fahrzeuginsassenüberwachung mittels SD-Kamera haben die ersten Tests im Forschungslabor von Siemens bestanden. Dies lässt hoffen, dass die neuen gesetzlichen Anforderungen der USA zum "smart Airbag" für das Modelljahr 2003 erfüllt werden können wenn auch hier noch nicht das letzte Wort gesprochen wurde. Viele Konzepte für Out-of-Position sind Erfolg versprechend: So entwickeln die Siemens-Ingenieure neben Lösungen für Frontairbags bereits Systeme, die den Seitenairbag kontrolliert steuern, wenn jemand Out-of-Position sitzt.
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Neues Bordnetz mit 42 Volt

 

Der New Beetle läuft und läuft, braucht aber auch eine Menge Strom fürs Bordnetz: bis zu 2050 Watt schlucken die elektrischen Verbraucher im 12 (14) Volt Netz – das 6 (7) Volt-Netz des Käfers der 60er Jahre brauchte gerade einmal 136 Watt (in Klammern die benötigte Ladespannung).
Aber auch der Strombedarf der Mittel- oder Oberklasse-Modelle explodiert: von heutzutage 800 bis 1500 Watt Dauerleistung auf 3000 bis 7000 Watt im “virtuellen” Fahrzeug des Jahres 2005. Um 100 Watt zusätzliche elektrische Leistung zu erreichen, müssen aber  0,17 Liter Kraftstoff je 100 Kilometer verarbeitet werden.
Warum mehr Leistung im Auto?
Auf Initiative der Niedersächsischen Landesregierung tüfteln deshalb etwa 60 Automobilhersteller und Zulieferer im “Forum Bordnetzarchitektur” an einem neuen 42-Volt-Bordnetz. Denn aus der Physik ist bekannt: Erhöht man die Spannung auf das Dreifache, sinken die Verluste auf ein Neuntel. Wegen kleinerer Ströme können dünnere Leitungen, kleinere Steckkontakte und kleinere Chips eingesetzt und eine größere Anschlussleistung realisiert werden, beispielsweise für den elektrisch beheizten Katalysator etwa 1,5 Kilowatt.
Rechnet man diese Anschlussleistung in Spannung und Strom um, kommt  man beim heutigen Bordnetz auf mehr als 100 Ampere (A). Für die künftige elektromotorische Bremse müssen sogar mehr als 320 A her.
Erste Anwendung im BMW 750i
Viele direkt angetriebene Nebenaggregate wollen die Autobauer künftig durch neue ersetzen. Das heutige Bordnetz stößt aber an unverrückbare Grenzen: Der BMW 750i (12 Zyl.) besitzt einen E-Kat, der allein 150 A benötigt. Um weitere derartige Verbraucher installieren zu können, setzt BMW als erster Automobilhersteller in zwei Jahren im neuen 7er-Modell das 42-V-Netz ein.
 

Interview mit Prof. Dr. Karsten Ehlers; Vorsitzender des Forums “Bordnetzarchitektur”

1.) Wird das 12-Volt-Bordnetz künftig überflüssig?
A: Nein. Beim neuen Zweispannungsbordnetz werden Anlasser und Heizung als Hochleistungsverbraucher auf der 42-V-Ebene angeschlossen sein; das 14-V-Netz speist daneben Niederspannungsverbraucher wie Glühlampen und elektronische Steuergeräte. 

2.) Und wenn die Autofahrer beim 12-Volt-Netz bleiben möchten?
A: Heutige Leitungen, Batterien und Generatoren reichen sinnvoll nur für Maximalströme zwischen 150 und 200 Ampere aus. Der Autofahrer muss beispielsweise auf künftige sicherheitsrelevante Systeme verzichten, wie elektrische Lenkung oder Bremse, für deren Betrieb der Gesetzgeber auch zwei unabhängige Energiespeicher fordert.

3.) Reicht nicht allein ein größerer Generator aus?
A: Eine höhere Leistung des Generators ist derzeit nur erreichbar, wenn man ihn technisch sinnvoll vergrößert. Auch dafür braucht man ein 42 Volt Netz. Der derzeitige Riemenantrieb ist am Ende seiner Leistungsfähigkeit, so dass zusätzlich ein zweiter Generator installiert werden müsste.

4.) Was kostet das neue Bordnetz den Autofahrer?
A: Lediglich die Batterien werden etwas teurer und schwerer. Er spart aber auch, denn ein Leistungs-Halbleiter benötigt nur ein Drittel der heutigen Chipfläche, was die Kosten bei vielen Elektronikschaltern um bis zu 50% reduziert. Vielen Dank Herr Professor Ehlers.
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